Wie ich zum Stricken kam

Zunächst möchte ich klarstellen, dass ich keinerlei Verständnis oder Nachsicht gegenüber Tyrannen habe, unabhängig von ihrem Geschlecht oder ob sie überhaupt eines haben.

Für mich zählt nur der Mensch, egal woher er kommt. Wenn jemand meine Hilfe benötigt, bin ich zur Stelle, und meinen Freunden stehe ich bis zu meinem letzten Atemzug zur Seite, egal wie schwierig oder unmöglich der Weg auch sein mag.

 

Im Sommer 2019, den ich auch gerne als den Sommer der nutzlosen Feiglinge bezeichne, kreuzten diverse "Tyrannen" meinen Weg. Es wurde so schlimm, dass ich an allen Fronten kämpfen musste – für mich selbst, meine Familie, Freunde und auch im Tierschutz, dem ich seit über 36 Jahren angehöre. Eine Geschichte aus dem Bereich Tiere möchte ich hier erzählen:

 

Ich war auf dem Heimweg und stand wieder einmal vor einer roten Ampel. Ein Mann stand mit seinem Hund am Straßenrand, seine Ampel war grün, aber er ging nicht über die Straße. Das ärgerte mich, aber selbst ich, kann mich nicht über alles aufregen. Also drehte ich die Musik etwas lauter, denn Musik beruhigt mich. Zum Glück lief gerade ACDC - Hells Bells, genial!

 

Die Ampel sprang um, und ich fuhr an. Der Mann betrat mit seinem Hund in genau diesem Moment die Fahrbahn. Ich stieg aus und fragte, ob ich helfen könne. Er schaute mich nicht einmal an, sondern trat ohne ersichtlichen Grund seinen Terrier in den Bauch. Der Hund schrie wie ein Baby, röchelte, versuchte zu gehen und brach zusammen.

 

Andere Autos hielten ebenfalls an, sodass niemand meine offene Fahrertür abfahren konnte.

 

Ich schnappte mir den Hund, aber der Mann hielt die Leine fest in der Hand. Ich trat ihn, nahm die Leine, schnappte mir den Hund, ab ins Auto und mit Vollgas zum Tierarzt.

 

Mein Tierarzt ist erstklassig. Er ließ alles stehen und liegen, um den Hund sofort notzuversorgen und dann zu röntgen. Leider hatten sich die Rippen des kleinen Kerlchens in seine Lunge gebohrt, sodass man, außer bei ihm zu sein, in seine kleinen süßen Knopfaugen zu blicken und sein leicht borstiges Fell zu streicheln, nicht mehr viel für ihn tun konnte. Er ist auch nicht auf dem Behandlungstisch gestorben; ich hielt ihn im Arm, mit dem Bauch nach oben, und kraulte sein struppiges Hundebrüstchen, bis er fort war.

 

Interessanterweise kannte mein Tierarzt den Hund und seinen Halter. Er rief ihn an, teilte ihm mit, dass er seinen Hund abholen sollte, berichtete ihm, was er hatte machen müssen, und erklärte ihm, dass er zeitgleich Anzeige erstatten werde. Kurz gesagt, ich wollte nicht, dass der Mann einfach so den Hund abholt, ohne dass ich ihm noch ein paar Takte sagen konnte, also wartete ich, bis er kam. Erst nach über zwei Stunden erschien er endlich.

 

Wie bereits gesagt, ich halte nichts vom Verzeihen und bin absolut kein Freund von Tierquälern. Im Gegenteil, meiner Meinung nach sollte jeder, der sich ein Tier anschaffen möchte, einen psychologischen Test sowie einen Hundeführerschein absolvieren müssen. Lange Rede, kurzer Sinn: Der Mann ging nicht etwa zum Tierarzt gleich nach seinem Eintreffen, oder zu seinem Hund, sondern direkt auf mich zu und sagte die Worte, die ich wohl nie vergessen werde: "Hey Süße, jetzt wo der Köter weg ist, wie wäre es mit uns beiden? Ich stehe auf Leine."

 

Ich hatte die Leine in meiner Handtasche, nahm sie heraus und schlug ihn damit kreuz und quer, bis er am Boden lag und zum Glück für ihn das Klinikpersonal eingriff. Dann warf ich ihm meine Visitenkarte auf den Boden und sagte: "Damit du weißt, gegen wen du Strafanzeige erstatten kannst."

 

Einige Tage später rief mich eine Tierarzthelferin im Büro an. Das Bild von mir, wie ich den Mann schlug, ging ihr nicht aus dem Kopf, und sie meinte, sie mache sich Sorgen um mich. Meine Tat war zwar nicht falsch, aber sie hätte deutlich gesehen, wie viel Zorn und Aggressivität in mir stecken würde und riet mir, mir eine Entspannungstechnik oder ein Hobby zuzulegen.

 

Da musste ich schon leicht grinsen, denn Entspannungstechniken beherrsche ich durchweg, aber das mit dem Hobby ließ ich mir durch den Kopf gehen.

Eine Freundin riet mir, stricken zu lernen und dann einfach mal drauflos zu stricken.

Gesagt - getan. Angesichts des bevorstehenden Winters nahm ich mir vor, eine Mütze zu stricken. Gleich vorweg: Talent habe ich zum Stricken ganz sicher nicht 😊 aber es sollte ja auch nicht schön, sondern eher praktisch werden.

 

Ganz nebenbei gesagt, als ich aufhörte, mit den Maschen zu kämpfen, hatte es tatsächlich eine entspannende Wirkung. Doch egal wie oft ich auch die Maschen zählte, es wurde immer alles viel zu groß. Es sah eher wie eine Obstschale aus als nach einer Mütze. Sogar unter Anleitung schaffte ich es, dass es immer eher der Obstkorb als die Mütze wurde.

 

Nach der zwölften Runde legte ich meine "Kunstwerke" vor mich hin und überlegte, ob ich nicht eher so etwas wie XXL-Lappen stricken sollte. Ich grübelte vor mich hin, als eine Nachbarin an die Tür klopfte. Sie kam rein und sagte wie selbstverständlich: "Oh ja, Eulen, wunderbar, davon will ich eine, wenn die fertig sind."

„Ja verflixt noch eins, wo siehst du denn da eine Eule“, fragte ich. Sie nahm die Obstkorb-Mütze, drehte sie um und meinte dann: „…wenn du die richtig füllst, dann stehen die sogar von ganz alleine“.

 

Genau das habe ich getan. Ich habe angefangen, die richtige Füllwatte zu besorgen, habe mir Gedanken gemacht, wie man das Äußere gestalten kann, und nach und nach nahmen meine Tierchen Form an. Bei jeder Gestaltung fühlte ich mich frei, gleichzeitig mit allem verbunden, und mit der Zeit hatte ich meine Leichtigkeit zurück.

 

Das Stricken hat meine Sichtweise auf mehrere Weisen verändert. Zunächst einmal hat es mir geholfen, eine neue Form der Entspannung und des Stressabbaus zu finden. Die repetitive Bewegung der Nadeln und das Fokussieren auf die Maschen haben eine beruhigende Wirkung auf mich, die ich vorher nicht kannte.

 

Darüber hinaus hat das Stricken meine Geduld und Ausdauer gestärkt. Anfangs war es frustrierend, als meine Projekte nicht so ausfielen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Doch mit der Zeit lernte ich, dass Perfektion nicht das Ziel ist, sondern der Prozess selbst. Diese Erkenntnis hat mir geholfen, geduldiger mit mir selbst und anderen zu sein.

 

Das Stricken hat auch meine Kreativität angeregt. Ich begann, mit verschiedenen Farben und Mustern zu experimentieren und eigene Designs zu entwickeln. Dies hat mir eine neue Art der Selbstentfaltung ermöglicht.

 

Natürlich habe ich die Eulen an Freunde, Ratsuchende und Familie verschenkt. Die zahlreichen Rückmeldungen, die ich erhielt, erstaunten mich sehr.

Einige Eulen haben bereits die ganze Welt gesehen. Ich habe Freunde, die ihre Eule, egal ob groß oder klein, auf einer Weltreise dabeihatten, und die Eule ist auf jedem Foto mit im Bild. Andere nehmen ihre Eule als Kraftspender her oder zum Trost und so weiter. Keiner will seine Eule missen.

 

Meinem Schamanen habe ich bei meinem Besuch auch eine Eule schenken wollen. Er nahm sie und sagte: „WOW, was für eine Energiebombe, die musst du für alle zugänglich machen, das sind wahre Kraftpakete.“ Er erzählte mir vom Krafttier und Lichtbringer Eule und erklärte mir, dass meine spirituelle Energie in jeder Eule steckt, da ich sie selbst gefertigt habe. Das darf sich nie ändern, also mach kein Business daraus, aber dennoch sollte jeder die Möglichkeit haben, eine deiner Eulen zu erstehen.

 

Bis heute, fertige ich Eulen, mal mit Pausen von bis zu einen Jahr, aber ich fertige sie nach wie vor selbst. Es hilft mir, es hilft den neuen „Besitzern“ und der Erlös dient zum Erhalt dieser Website, denn kostenfrei ist rein gar nichts und 25 % der Erlöse werden in Tierfutter investiert.

 

 

Und wer weiß, hätte ich eventuell vorgehabt eine Eule zu stricken, wäre vielleicht eine Mütze dabei herausgekommen 😊

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Kommentare: 2
  • #1

    Elfie (Freitag, 06 Juni 2025 15:24)

    WOW, hast du nicht einmal deinem Mann eine neue Hose gekauft, weil der Knopf ab war :-) Kleiner Scherz, ich habe doch deine genialen Schals, Stola und die abgefahrenen Ponchos gesehen. Aber dennoch meine Schöne, ich bin nicht die Einzige, die dir das nicht zugetraut hätte. Gefragt hatte ich mich allerdings schon so 1 bis 1000x, wieso jemand wie du, die lieber Gewichte aus den Angeln reißt und gerade mal so Groß ist wie ein Setzei ist (Siehe Hantelbank in unserem Keller), ein paar Stricknadeln zur Hand nimmt :-) :-) Ich liebe dich du Durchgeknallte- Bussi

  • #2

    Liebe Elfie (Freitag, 06 Juni 2025 15:26)

    Danke für deinen unschätzbaren Beitrag - absolut unverzichtbar. Außerdem war deine Hantelbank locker. Lieb dich und freue mich dich bald zu sehen ---ich trainiere schon einmal für einen einzigartigen Punch, nur für dich - Scherz, Knutschaaaa